Bezugsfertigkeitsrate und Bautraegervertrag

BEZUGSFERTIGKEITSRATE UND BAUTRÄGERVERTRAG


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BEZUGSFERTIGKEITSRATE FÄLLIG, OBWOHL NOCH EIN WESENTLICHER MANGEL VORHANDEN IST


KG, URTEIL VOM 11.06.2019 - 21 U 116/18

Auch wenn die von einem Bauträger errichtete Wohneinheit mit einem wesentlichen Mangel belastet ist, ist die  Wohneinheit bezugsfertig, wenn die Beseitigung des Mangels unverhältnismäßig ist und vom Bauträger verweigert werden darf.

Die Bezugsfertigkeitsrate ist in diesem Fall trotz Mangelhaftigkeit (abzüglich der Kaufpreisminderung) fällig.

REGELUNG, NACH WELCHER DIE ZAHLUNG DER BEZUGSFERTIGKEITSRATE UND DIE ABNAHME VORAUSSETZUNG FÜR DIE ÜBERGABE SIND, IST NICHTIG


OLG MÜNCHEN, BESCHLUSS VOM 18.01.2019 - 28 U 3555/18

Sieht der Bauträgervertrag einen Zahlungsplan entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV vor und regelt eine gesonderte Klausel "Der Veräußerer ist zur Übergabe verpflichtet, wenn die Abnahme nach Ziff. 2 durchgeführt ist und der Erwerber alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungen geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet, insbesondere die Bezugsfertigkeitsrate", so ist der Vertrag dahin auszulegen, dass der Bauträger zur Übergabe nur verpflichtet sein soll, wenn die Abnahme erklärt und die Bezugsfertigstellungsrate gezahlt wurde. Eine solche Regelung ist insgesamt nichtig.

KEINE BEZUGSFERTIGKEIT, WENN NOCH WESENTLICHE MÄNGEL VORHANDEN SIND


KG, URTEIL VOM 15.05.2018 - 21 U 90/17

Die Bezugsfertigkeitsrate ist fällig, wenn die Wohnung keine wesentlichen Mängel aufweist.

Die Höhe der vom Erwerber Zug um Zug gegen Besitzverschaffung geschuldeten Zahlung hängt davon ab, wie der Bauträger seine zuvor zu leistende Bauverpflichtung erfüllt hat. Hat er das Vertragsobjekt zwar im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt, liegen aber trotzdem Mängel vor, die lediglich der Bezugsfertigkeit nicht entgegenstehen, ist der Erwerber berechtigt, einen Einbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate vorzunehmen. Dieser Einbehalt beläuft sich auf die Beseitigungskosten zzgl. eines Druckzuschlags, somit analog § 641 Abs. 3 BGB in der Regel auf die doppelten Beseitigungskosten. Der Erwerber schuldet für die Übergabe eines Kaufgegenstands, der Mängel aufweist, die die Bezugsfertigkeit nicht ausschließen, also nur die Bezugsfertigkeitsrate abzüglich des Mängeleinbehalts.

BEZUGSFERTIGKEIT SETZT NICHT MANGELFREIHEIT VORAUS


KG, URTEIL VOM 05.12.2017 - 21 U 109/17

Schuldet der Bauträger dem Erwerber die Übergabe einer bezugsfertigen Wohnung, ist diese Bezugsfertigkeit jedenfalls dann gegeben, wenn der Bauträger die Wohnung zur Abnahme angeboten hat, der Erwerber die Abnahme erklärt hat und durch die Beseitigung vorbehaltener Mängel der Bezug der Wohnung nicht wesentlich erschwert wird.

BEZUGSFERTIGKEITSRATE DARF NUR GEFORDERT WERDEN, WENN GLEICHZEITIG BESITZ EINGERÄUMT WIRD


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 25.10.2016 - 9 U 34/16

Gemäß § 3 Abs. 2 MaBV kann der Bauträger Zahlung einer Rate "nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe" verlangen, er kann diese Rate mithin nur fordern, wenn das Objekt bezugsfertig ist und wenn er gleichzeitig den Besitz einräumt. Bezugsfertigkeit liegt im Bauwesen nach allgemeiner Meinung vor, wenn ein Bauobjekt ohne Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Bewohner auf Dauer bewohnt werden kann. Sie ist nicht gleichzusetzen mit Abnahmereife.

Die Klausel in einem Bauträgervertrag, nach welcher die Rate Nr. 6 nach Bezugsfertigkeit unverzüglich nach Besitzübergabe und Fertigstellung der Fassadenarbeiten fällig ist, ist nichtig, wenn eine weitere Klausel des Bauträgervertrages die Besitzübergabe zusätzlich an die von dem Erwerber vorab zu erklärende Anerkennung des Sondereigentums als in der Hauptsache vertragsgemäß knüpft.

Eine Abnahme ist ein Mehr gegenüber der bloßen Besitzübertragung, da sie zusätzlich zu dieser die Anerkennung des Werks als in der Hauptsache vertragsgemäß beinhaltet. Die weitere Klausel führt somit zu einer unzulässigen Verschärfung der Fälligkeitsvoraussetzungen gegenüber § 3 Abs. 2 MaBV.

BEZUGSFERTIGKEIT BEZIEHT SICH IM ZWEIFEL AUF DIE WOHNANLAGE


BGH, URTEIL VOM 10.10.2013 - VII ZR 269/12

Streiten die Vertragsparteien über die Auslegung des Begriffs "Bezugsfertigkeit", erscheint es fernliegend, von der Bezugsfertigkeit einer gesamten Wohnanlage nebst Außenanlagen bereits mit Bezugsfertigkeit einer einzigen Wohnung auszugehen. Die "Bezugsfertigkeit" bezieht sich im Zweifel auf den Vertragsgegenstand, also auf die Wohnanlage.

KEINE INNENTÜREN - KEINE BEZUGSFERTIGKEIT


OLG KARLSRUHE, BESCHLUSS VOM 19.02.2008 - 4 U 123/06

Ein Wohnhaus ist nicht bezugsfertig, wenn sämtliche Innentüren fehlen, da das Wohnen in einem solchen Objekt nicht zumutbar ist. Zur Bezugsfertigkeit ist auch das Vorhandensein der Innentreppe zu zählen; ein Provisorium aus Bauholzstufen erscheint nicht zumutbar. Fehlt ein Teil der Hauseingangstreppe, fehlt es an einem gefahrlosen Zugangs zum Hauseingang - dies schließt die Bezugsfertigkeit aus.

KEINE BEZUGSFERTIGKEIT, WENN DAS BAUVORHABEN INSGESAMT NOCH EINE GROSSBAUSTELLE IST


OLG HAMM, URTEIL VOM 31.05.2007 - 24 U 150/04

Die Bezugsfertigkeit einer Eigentumswohnung setzt voraus, dass dem Erwerber zugemutet werden kann, die Wohnung zu beziehen; sie muss von diesen zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch genutzt werden können. Solange das Bauvorhaben insgesamt noch eine Großbaustelle darstellt, ist die Bezugsfertigkeit einer einzelnen Wohnung zu verneinen.

ALLEIN DIE AUSFÜHRUNG EINER LEISTUNG FÜHRT NICHT ZUR BEZUGSFERTIGKEIT


OLG SCHLESWIG, URTEIL VOM 12.08.2005 - 1 U 211/00

Zur fristgemäßen Herstellung der Bezugsfertigkeit genügt es nicht, einen Parkettboden zu versiegeln, die Versiegelung muss auch innerhalb der Frist ausgehärtet sein.

KEINE BEZUGSFERTIGKEIT BEI MÄNGELN


OLG FRANKFURT, URTEIL VOM 27.07.2004 - 21 U 17/02

Die im Bauträgervertrag Zug um Zug gegen Besitzübergabe fällig werdende “Rate” wird nicht fällig, wenn das Erwerbsobjekt aufgrund von Mängeln oder ausstehenden Restarbeiten nicht übergabefähig ist.

ES KOMMT NICHT AUF DIE BEZUGSFERTIGKEIT DES ÜBERWIEGENDEN TEILS, SONDERN AUF DIE BEZUGSFERTIGKEIT DES GESAMTEN HAUSES AN


BGH, URTEIL VOM 15.04.2004 - VII ZR 397/02

Die Möglichkeit des Zugangs ist ein zentrales Element für die Bezugsfähigkeit. Ist der Zugang über eine Außentreppe vorgesehen, muss die Treppe errichtet sein. Es kommt nicht auf die Bezugsfertigkeit des überwiegenden Teils, sondern auf die des gesamten Hauses an. Solange die Treppe nicht errichtet war, war das Bauwerk nicht bezugsfertig.

KEINE BEZUGSFERTIGKEIT WENN MÄNGEL VORLIEGEN, DIE DIE SICHERHEIT BEEINTRÄCHTIGEN


OLG HAMM, URTEIL VOM 23.10.2003 - 21 U 58/03

Eine Bezugsfertigkeit ist zu bejahen, wenn dem Erwerber der Bezug zugemutet werden kann und das gesamte Objekt mit Ausnahme der Außenanlagen und der Beseitigung von Mängeln, die nicht die Sicherheit des Wohnens beeinträchtigen, fertiggestellt ist.

FÜR BEZUGSFERTIGKEIT IST GEEIGNETHEIT DER WOHNUNG ENTSCHEIDEND


OLG FRANKFURT, URTEIL VOM 13.11.2002 - 23 U 248/01

Bei der Bezugsfertigkeit einer Wohnung kommt es allein darauf an, ob die Wohnung geeignet ist, normale Wohnbedürfnisse zu befriedigen und ob man sie ohne Gefahr für Gesundheit und Sicherheit beziehen und darin leben kann.

FÜR BEZUGSFERTIGKEIT IST FERTIGSTELLUNG DES GESAMTEN OBJEKTS ENTSCHEIDEND


OLG KOBLENZ, URTEIL VOM 31.10.2002 - 6 U 1166/01

Bezugsfertig ist ein Haus, wenn sein Bezug dem Erwerber auch zugemutet werden kann. Das ist der Fall, wenn z.B. ein sicherer Zugang zum Haus besteht. Darüber hinaus muss - mit Ausnahme der Außenanlage und der Beseitigung von Mängeln, die nicht die Sicherheit des Wohnens beeinträchtigen - das gesamte Objekt fertiggestellt sein.

ALTLASTEN ≠ BEZUGSFERTIGKEIT


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 03.04.1998 - 21 U 4350/97

Ein konkreter und naheliegender Verdacht auf Belastung eines Grundstücks mit Altlasten steht einer Bezugsfertigkeit entgegen.

FÜR BEZUGSFERTIGKEIT IST ALLEIN AUF DIE EIGENTUMSWOHNUNG ABZUSTELLEN


OLG HAMM, BESCHLUSS VOM 03.11.1994 - 21 W 16/92

Bei einer Eigentumswohnanlage ist bezüglich der Bezugsfertigkeit allein auf die Eigentumswohnung abzustellen.
Die Erstellung einer Beton-Fertiggarage und die Herstellung der Außenanlage sind im Zweifel nicht Fälligkeitsvoraussetzung für die vorletzte Rate (Bezugsfertigkeit), sondern für die letzte Rate (vollständige Fertigstellung) nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV.
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