Selbstvornahme - Ersatzvornahme wegen Maengeln am Gemeinschaftseigentum

SELBSTVORNAHME / ERSATZVORNAHME WEGEN MÄNGELN AM GEMEINSCHAFTSEIGENTUM


Bitte beachten Sie meine Hinweise zum Haftungsausschluß.   >>>

MANGELBESEITIGUNG UNMÖGLICH - KEIN ANSPRUCH AUF KOSTENVORSCHUSS


OLG DÜSSELDORF, BESCHLUSS VOM 17.05.2021 - 28 U 81/20

Das Dach eines Wintergartens, das nicht dicht an die vorhandene Unterkonstruktion anschließt, so dass es von außen zu Wassereintritten kommt, entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit und ist mangelhaft.

Kann ein dichter Anschluss mittels der Montage von vereinbarten System-Bauteilen nicht erreicht werden, sondern bedarf es hierfür einer von einem Zimmermann oder Dachdecker herzustellenden Dachkonstruktion, ist die Mängelbeseitigung objektiv unmöglich und kann vom Auftragnehmer verweigert werden. Mangels Nacherfüllungsanspruch besteht kein Selbstvornahmerecht des Bestellers und somit auch kein Anspruch auf Kostenvorschuss.

SELBSTVORNAHME IST VOR DER ABNAHME MÖGLICH, WENN EIN ABRECHNUNGSVERHÄLTNIS BESTEHT


OLG HAMM, URTEIL VOM 14.08.2019 - 12 U 73/18

Die Geltendmachung eines Vorschussanspruchs i.S.v. § 637 Abs. 1, 3 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass eine Abnahme der Werkleistung durch den Besteller erfolgt ist. Allerdings kann ein Vorschussanspruch auch ohne vorherige Abnahme durch den Besteller geltend gemacht werden, wenn das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.

Ein Abrechnungsverhältnis kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen, also endgültig und ernsthaft eine (Nach-)Erfüllung durch ihn ablehnt. In dieser Konstellation kann der Besteller nicht mehr zum (Nach-)Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmer zurückkehren.

KOSTENVORSCHUSS ALS SCHADENSERSATZ AUCH VOR DER ABNAHME MÖGLICH


OLG HAMM, URTEIL VOM 30.04.2019 - 24 U 14/18

Ein Vorschussverlangen nach den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB setzt grds. eine Abnahme voraus; allerdings kann ein Kostenvorschussanspruch wegen Mängeln vor der Abnahme dem Grunde nach auch als Schadensersatzanspruch, gerichtet auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags, nach 280 Abs. 1 BGB in Betracht kommen.

RECHT ZUR SELBSTVORNAHME KANN IM BAUTRÄGERVERTRAG AUSGESCHLOSSEN WERDEN


OLG KOBLENZ, URTEIL VOM 11.04.2018 - 10 U 1167/16

In einem vom Bauträger vorformulierten "Kaufvertrag" über eine neu errichtete bzw. grundlegend sanierte Eigentumswohnung kann wirksam vereinbart werden, dass der Erwerber kein Recht dazu hat, einen Baumangel selbst zu beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen.

KOSTEN EINER NEUHERSTELLUNG KÖNNEN ALS KOSTENVORSCHUSS VERLANGT WERDEN


OLG NAUMBURG, URTEIL VOM 08.03.2018 - 9 U 73/17

Für die Beantwortung der Frage, was an Kosten zur Selbstvornahme erforderlich ist, ist auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, die der Auftraggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung aufwenden kann und muss, wobei es sich jedoch um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss.

Es besteht keine Pflicht, im Rahmen der Mangelbeseitigung den billigsten Bieter zu beauftragen bzw. eine vorherige Ausschreibung vorzunehmen. Der Auftraggeber kann ein Unternehmen seines Vertrauens beauftragen.

Der Auftraggeber, kann die Kosten einer nochmaligen Herstellung (Neuherstellung) verlangen, wenn nur auf diese Weise Mängel nachhaltig zu beseitigen sind.

SELBSTVORNAHME IST ERST MÖGLICH, WENN DER AUFTRAGNEHMER DEN MANGEL NICHT INNERHALB DER IHM GESETZTEN FRIST BESEITIGT HAT


OLG CELLE, URTEIL VOM 04.08.2016 - 13 U 104/12

Der Anspruch auf Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber setzt voraus, dass der Auftragnehmer einen Mangel seines Werks trotz schriftlicher Nachbesserungsaufforderung nicht auf seine Kosten beseitigt und eine ihm dafür gesetzte angemessene Nachfrist erfolglos verstrichen ist.

Der Auftragnehmer hat bei der Ersatzvornahme diejenigen Kosten zu erstatten, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung für erforderlich halten durfte.

Erforderlich sind diejenigen Kosten, die der Auftraggeber für die Selbstvornahme aufgewendet hat, solange er nicht annehmen musste, dass sie unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sind.

Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung erkennbar möglich und zumutbar war. Der Auftraggeber ist aber nicht gehalten, einen besonders preisgünstigen Drittunternehmern zu finden. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn die Sanierung dringend ist.

KOSTENVORSCHUSS AUCH OHNE ABNAHME


OLG CELLE, URTEIL VOM 03.03.2016 - 16 U 129/15

Verlangt der Besteller Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung, kommt es auf die Abnahme der Werkleistung nicht an, wenn sich der Vertrag im Abrechnungsstadium befindet. 

Ein solches besteht, wenn der Besteller nur noch auf Geld gerichtete Gegenansprüche erhebe. Macht ein Besteller allein einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme geltend, handelt es sich um einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch.

BEI ENTSPRECHENDER ERMÄCHTIGUNG IST EIN KOSTENVORSCHUSS FÜR DIE BESEITIGUNG VON MÄNGELN AM GEMEINSCHAFTSEIGENTUM AN EINEN WOHNUNGSEIGENTÜMER ZU LEISTEN


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 30.06.2015 - 9 U 1755/14

Ein Wohnungseigentümer kann durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt werden, wegen Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum die Zahlung eines Kostenvorschusses an sich selbst verlangen kann.

ANSPRUCH AUF KOSTENVORSCHUSS ERLISCHT ERST MIT GELTENDMACHUNG VON SCHADENSERSATZ GEGENÜBER DEM UNTERNEHMER


OLG STUTTGART, URTEIL VOM 03.07.2012 - 10 U 33/12

Der Nacherfüllungsanspruch und damit ein Vorschussanspruch für die Mängelbeseitigung erlischt nicht schon mit der Fristsetzung zur Mängelbeseitigung oder dem Beschluss der Eigentümergemeinschaft, Schadensersatz zu verlangen, sondern erst mit der Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung gegenüber dem Unternehmer.

BEAUFTRAGUNG DURCH WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT: KEIN ANSPRUCH DES EINZELNEN EIGENTÜMERS AUF KOSTENVORSCHUSS


OLG HAMM, URTEIL VOM 06.12.2011 - 19 U 89/11

Beauftragt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Werkunternehmer mit Bauleistungen (hier: Einbau von Aluminiumfensterbänken und Anbringung eines Wärmeverbundsystems), ist sie Inhaberin sämtlicher Rechte aus diesem Vertrag und auch der Gewährleistungsansprüche.

Die Klage eines dazu nicht ermächtigten WEG-Mitglieds auf Kostenvorschuss an einer von der Gemeinschaft in Auftrag gegebenen Bauleistung wegen Mängeln ist, auch wenn Zahlung an die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt wird, unzulässig.

HAT DER ERWERBER VON WOHNUNGSEIGENTUM EINEN MANGEL IM WEGE DER SELBSTVORNAHME BESEITIGT, HAT DER ERWERBER IHM DIE AUFWENDUNGEN ZU ERSETZEN


BGH, URTEIL VOM 21.07.2005 - VII ZR 304/03

Im Falle des Erwerbs von Wohnungseigentum hat jeder einzelne Erwerber aus dem jeweiligen Vertrag mit den Baubeteiligten einen individuellen Anspruch auf mangelfreie Werkleistung auch in Bezug auf das gesamte Gemeinschaftseigentum.

Jedenfalls solange kein abweichender Beschluß der Wohnungseigentümer vorliegt, ist jeder Erwerber berechtigt, seine Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums gegen den Vertragspartner selbständig geltend zu machen und diesen in Verzug zu setzen. Denn der Erwerber, der selbständig die Mängelbeseitigung verfolgt, handelt grundsätzlich im wohlverstandenen Interesse aller Wohnungseigentümer.

Haben einzelne Erwerber von Wohnungseigentum den Veräußerer in Verzug mit der Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gesetzt und danach die Mängel beseitigen lassen, können sie Ersatz ihrer Aufwendungen gemäß § 633 Abs. 3 BGB a.F. mit Zahlung an sich verlangen.
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