Vergemeinschaftung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums

VERGEMEINSCHAFTUNG DER ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS


§ 650u Abs.1 Satz 2 BGB bestimmt, dass bei einem Bauträgervertrag hinsichtlich der Errichtung oder des Umbaus eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerkes das Werkvertragsrecht des BGB Anwendung findet.

Demnach ist der Besteller verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen (§ 640 Abs. 1 BGB). Besteller in diesem Sinne ist auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der einzelne Erwerber des Wohnungseigentums und nicht etwa die - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Regel noch gar nicht bestehende - Wohnungseigentümergemeinschaft.

Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum. Dementsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ob er das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will.

Infolge der Rechtsprechung des BGH zur Möglichkeit der Vergemeinschaftung der Mängelrechte bejahen jedoch einige Stimmen in der Literatur und Rechtsprechung, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Kompetenz besitze, das Recht, die rechtsgeschäftliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu erklären, an sich zu ziehen (sog. Vergemeinschaftung).

In Bauträgerverträgen sehe ich regelmäßig Regelungen, wonach allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt wird, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu erklären. Insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH gehe ich jedoch weiterhin von der Unwirksamkeit solcher Klauseln aus.


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GEMEINSCHAFT DER WOHNUNGSEIGENTÜMER BESITZT KEINE KOMPETENZ ZUR ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 22.03.2022 - 28 U 3194/21

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann zwar die Herstellungsansprüche der Erwerber an sich ziehen, sie ist aber nicht befugt, die Abnahme der Werkleistung zu erklären.

BESCHLUSS DER ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS DURCH VERWALTUNGSBEIRAT IST NICHTIG


OLG DÜSSELDORF, URTEIL VOM 02.07.2019 - 23 U 205/18

Ein in der Wohnungseigentümerversammlung gefasster Beschluss zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Verwaltungsbeirat ist nichtig, da es für die Fassung eines solchen Beschlusses keine Grundlage im WEG gibt.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS IST ANGELEGENHEIT DES ERWERBERS


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 06.12.2016 - 28 U 2388/16

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist keine originäre Angelegenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern des einzelnen Erwerbers. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt daher die Beschlusskompetenz, einen Mehrheitsbeschluss zur Erklärung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu fassen.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS KANN NICHT DURCH BESCHLUSS DER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT AUF EIN INGENIEURBÜRO ÜBERTRAGEN WERDEN


BGH, URTEIL VOM 12.05.2016 - VII ZR 171/15

Ergeht in der ersten Eigentümerversammlung im Jahr 2002 ein Beschluss gemäß einer Bestimmung in der Teilungserklärung dahingehend, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch ein Ingenieurbüro auf Kosten des Bauträgers in Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer durchgeführt werden soll, und erklärt das dementsprechend beauftragte Ingenieurbüro die Abnahme des Gemeinschaftseigentums auch im Namen von Nachzügler-Erwerbern, die zu diesem Zeitpunkt weder Wohnungseigentümer noch werdende Wohnungseigentümer waren, so entfaltet diese Abnahme des Gemeinschaftseigentums eine Abnahmewirkung zu Lasten der Nachzügler-Erwerber weder aufgrund der genannten Bestimmung in der Teilungserklärung noch aufgrund des genannten Beschlusses in der ersten Eigentümerversammlung.

DIE ABNAHME KANN NICHT DURCH BESCHLUSS VERGEMEINSCHAFTET WERDEN


LG MÜNCHEN, URTEIL VOM 07.04.2016 - 36 S 17586/15

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums kann nicht durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer zu einer Angelegenheit gemeinschaftlicher Verwaltung gemacht werden.

EINE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT BESITZT KEINE BESCHLUSSKOMPETENZ ZUR VERGEMEINSCHAFTUNG DER ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS


LG MÜNCHEN I, URTEIL VOM 07.04.2016 - 36 S 17586/15

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums kann nicht durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer zu einer Angelegenheit gemeinschaftlicher Verwaltung gemacht werden.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS IST IN JEDEM EINZELNEN RECHTSVERHÄLTNIS ZU KLÄREN


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 26.01.2015 - 9 U 1995/14

Im Fall des Verkaufs von Wohnungseigentum handelt es sich um verschiedene Verträge zwischen dem Bauträger und den einzelnen Erwerbern handelt. Die Abnahme ist in jedem einzelnen Verhältnis zu erklären. Bei Wohnungseigentum ist jeder Erwerber einer Wohnung Besteller bezüglich des Eigentums am Sondereigentum und bezüglich des Anteils am Gemeinschaftseigentum.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS OBLIEGT DEN ERWERBERN


OLG DRESDEN, URTEIL VOM 30.05.2014 - 1 U 1899/13

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums obliegt den Erwerbern und nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft.

VERGEMEINSCHAFTUNG DER ABNAHME DURCH BESCHLUSS MÖGLICH


LG MÜNCHEN, URTEIL VOM 16.01.2013 - 18 O 1668/11

Der teilrechtsfähige Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Beschluss die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums "an sich ziehen". Die Berechtigung hierzu ergibt sich daraus, dass auch die Verfolgung der Gewährleistungsansprüche seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft (in großem Umfang) auf den Verband übertragen werden kann.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS ERFOLGT DURCH DIE EINZELNEN ERWERBER


OLG MÜNCHEN, URTEIL VOM 03.07.2012 - 13 U 2506/11

Grundsätzlich muss nicht nur das Sondereigentum, sondern auch das Gemeinschaftseigentum von jedem einzelnen Erwerber abgenommen werden.

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Erwerber hat nur für den jeweiligen einzelnen Erwerber Folgen und wirkt nicht für andere - etwa zeitlich nachfolgende - Erwerber. Damit sind Mängelansprüche erst dann verjährt, wenn für den letzten Erwerber ("Nachzügler") Verjährungseintritt erfolgt ist.

VERGEMEINSCHAFTUNG DER ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS IST MÖGLICH


AG TETTNANG, URTEIL VOM 21.04.2011 - 4 C 1132/10

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist berechtigt, das Recht zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums an sich zu ziehen.

VERGEMEINSCHAFTUNG DER ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS IST MÖGLICH


AG MÜNCHEN, URTEIL VOM 07.07.2010 - 482 C 287/10

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss die Befugnis zur Erklärung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen.

DIE ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS OBLIEGT JEDEM EINZELNEN ERWERBER


BGH, URTEIL VOM 21.02.1985 - VII ZR 72/84

Nach § 640 Abs. 1 BGB hat der Besteller das Werk abzunehmen. Besteller in diesem Sinne ist auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der einzelne Erwerber des Wohnungseigentums, nicht etwa die - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Regel noch gar nicht bestehende - Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum. Dementsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ob er das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will.

Die Belange der einzelnen Wohnungseigentümer erfordern keine gemeinschaftliche Abnahme. Vielmehr ist die Abnahme zu verschiedenen Zeiten der Gemeinschaft eher günstig, weil dadurch die Gewährleistungsfrist zu Lasten des Veräußerers verlängert werden kann, insbesondere wenn es diesem nicht bereits während der Bauzeit gelingt, alle Wohnungen zu veräußern.
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