Der BGH hat mehrfach entschieden, dass Mängelrechte grundsätzlich erst nach der Abnahme geltend gemacht werden können.
Vor der Abnahme stehen die Ansprüchen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB, Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 281 Abs. 1, 280 BGB, Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB, Rücktritt gem. § 323 BGB und Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund entsprechend § 314 BGB) zur Verfügung.
Die Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 und Nr. 4 BGB können aber auch ohne Abnahme geltend gemacht werden, wenn sich der Werkvertrag in ein sog. Abrechnungsverhältnis gewandelt hat.
Das Abrechnungsverhältnis kann an die Stelle der Erklärung der Abnahme des Werks durch den Besteller treten - die Wirkungen der Abnahme treten ein, ohne dass die Abnahme erklärt wird.
Es entsteht, wenn der Besteller, nachdem der Unternehmer dem Besteller das Werk als fertig gestellt zur Abnahme angeboten hat, die (Nach-)Erfüllung des Vertrags nicht mehr verlangt bzw. verlangen kann, der Unternehmer einen Vergütungsanspruch hat und dem Besteller allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche zustehen. Das ist der Fall:
• wenn der Besteller Mängelrechte in Form des Schadensersatzes statt der Leistung geltend macht
• wenn der Besteller Mängelrechte in Form der Minderung geltend macht
• wenn der Besteller die Abnahme (berechtigt oder unberechtigt) ernsthaft und endgültig verweigert
• wenn der Besteller die (Nach-)Erfüllung ernsthaft und endgültig ablehnt
• wenn dem Unternehmen die (Nach-)Erfüllung unmöglich ist
Verlangt der Besteller einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung, entsteht ein Abrechnungsverhältnis nur ausnahmsweise, wenn er ausdrücklich oder konkludent erklärt, er werde unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten.
Das Abrechnungsverhältnis entsteht auch dann, wenn der Besteller diese Mängelrechte unberechtigt geltend macht. Denn er bringt damit zum Ausdruck, dass er die (Nach-)Erfüllung durch den Unternehmer endgültig und ernsthaft ablehnt.
Die sich aus einem Abrechnungsverhältnis ergebenden Folgen treten in dem Zeitpunkt ein, in dem der Besteller eine Erklärung abgibt, mit der die endgültige und ernsthafte Ablehnung der Erfüllung durch den Unternehmer verbunden ist und er zu diesem Zeitpunkt nicht anderweitig Erfüllung des Vertrags verlangt.
Im Unterschied zur Abnahme verliert der Besteller nicht seine Mängelansprüche entsprechend § 640 Abs. 3 BGB oder seinen Anspruch auf eine Vertragsstrafe nach § 341 Abs. 3 BGB, wenn er sich diese Rechte bei Eintritt des Abrechnungsverhältnisses nicht vorbehält.
Bitte beachten Sie meine Hinweise zum
Haftungsausschluß.
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