selbständiges Beweisverfahren

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN UND WOHNUNGSEIGENTUM


Das selbständige Beweisverfahren dient der Feststellung und/oder der Bestimmung der Ursache eines Schadens.

Gemäß § 485 Abs. 1 ZPO kann während oder außerhalb eines Streitverfahrens auf Antrag einer Partei die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei gemäß § 485 Abs. 2 ZPO die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

 1. der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
 2. die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
 3. der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

Nach § 9a Abs. 2 WEG erfordert die Geltendmachung sämtlicher Mängelrechte in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum eine einheitliche Rechtsverfolgung. Ein selbständiges Beweisverfahren gegen einen Bauträger, gegen einen Werkunternehmer oder einen Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum vorgenommen hat, kann deshalb nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geführt werden.

Ein Wohnungseigentümer kann nur bei unmittelbarer Beeinträchtigung seines Sondereigentums gegen Dritte, gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen andere Wohnungseigentümer ein selbständiges Beweisverfahren einleiten.

Bitte beachten Sie meine Hinweise zum Haftungsausschluß.   >>>

WOHNUNGSEIGENTÜMER KANN SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN NUR BEANTRAGEN, WENN SEIN SONDEREIGENTUM BETROFFEN


LG FRANKFURT, BESCHLUSS VOM 09.12.2021 - 2-13 T 74/21

Ein selbständiges Beweisverfahren zwischen Wohnungseigentümern ist nach der WEG-Reform im Hinblick auf bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums (nur) dann zulässig, wenn der Antragsteller eine davon ausgehende Störung im Bereich seines Sondereigentums geltend macht.

Soweit bei Ausbauarbeiten eines Sondereigentümers die Brandschutzvorgaben nicht eingehalten werden, ist alleine eine Frage der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betroffen. Ansprüche, die hieraus resultieren, können alleine von der Gemeinschaft geltend gemacht werden.

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN GEGEN EINE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT ERFORDERT VORBEFASSUNG DER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT


LG BADEN-BADEN, BESCHLUSS VOM 21.07.2021 - 3 T 45/21

Die Durchführung eines gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichteten selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum (welche die Ursache der Schimmelbildung in der Wohneinheit des Antragstellers sein sollen) setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um einen Beschluss bemüht hat, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Sachverständigengutachten zu den behaupteten Mängeln einholt.

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN IST BEENDET, WENN DIE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT DER ERFORDERLICHEN BAUTEILÖFFNUNG NICHT ZUSTIMMT


OLG MÜNCHEN, BESCHLUSS VOM 12.12.2019 - 20 W 1503/19

Stimmt eine Wohnungseigentümergemeinschaft einer Bauteilöffnung (hier Bohrkernentnahme) am gemeinschaftlichen Eigentum nicht zu und ist es dem gerichtlich bestellten Sachverständigen deshalb nicht möglich, ein aussagefähiges Gutachterergebnis zu liefern, ist das von einem Wohnungseigentümer (nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete) eingeleitete selbständige Beweisverfahren beendet.

Die Bohrkernentnahme kann nicht dadurch erzwungen werden, dass das Gericht gegenüber der nicht am selbständigen Beweisverfahren beteiligten Wohnungseigentümergemeinschaft die Duldung der Bauteilöffnung anordnet.

VERWALTER DARF NICHT EIGENMÄCHTIG SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN EINLEITEN


LG FRANKFURT, BESCHLUSS VOM 18.04.2019 - 2-13 S 55/18

Wird in einer Eigentümergemeinschaft über einen längeren Zeitraum diskutiert, ob der Bauträger gerichtlich in Anspruch genommen wird, darf der Verwalter nicht kurz vor Ablauf der Verjährung eigenmächtig ein selbständiges Beweisverfahren als "Notmaßnahme" einleiten.

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN GEGEN EINE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT ERFORDERT KEINE VORBEFASSUNG DER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT


BGH, BESCHLUSS VOM 14.03.2018 - V ZB 131/17

Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemeinschaftseigentum setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN GEGEN EINE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT ERFORDERT KEINE VORBEFASSUNG DER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT


BGH, BESCHLUSS VOM 14.03.2018 - V ZB 187/17

Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbständigen Beweisverfahrens über Mängel an dem Gemeinschaftseigentum setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.

KEIN SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN EINES WOHNUNGSEIGENTÜMERS WEGEN MÄNGELN AM GEMEINSCHAFTSEIGENTUM


AG SIEGBURG, BESCHLUSS VOM 23.11.2015 - 150 H 1/15

Ein Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat kein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Schäden am Gemeinschaftseigentum, ggfs. deren Ursachen und den erforderlichen Beseitigungsmaßnahmen.

DIE KOSTENENTSCHEIDUNG EINER KOSTENVORSCHUSSKLAGE UMFASST DIE KOSTEN DES SELBSTÄNDIGEN BEWEISVERFAHRENS AUCH DANN, WENN EIN WOHNUNGSEIGENTÜMER DAS SELBSTÄNDIGE BEWEISVERFAHREN BETRIEBEN UND DIE WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT DIE KLAGE ERHOBEN HAT


BGH BESCHLUSS VOM 27.08.2014 - VII ZB 8/14

Wird ein selbständiges Beweisverfahren von einzelnen Erwerbern von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums betrieben und klagt nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund eines Beschlusses, mit dem sie die Durchsetzung der Rechte der Erwerber auf Beseitigung der genannten Mängel wirksam an sich gezogen hat, gegen die Antragsgegnerin des selbständigen Beweisverfahrens auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der Mängel, werden die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung im Verfahren der Kostenvorschussklage mitumfasst.

VOM VERWALTER IM EIGENEN NAMEN GEFÜHRTES SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN HEMMT VERJÄHRUNG VON ANSPRÜCHEN DER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT NICHT


LG DUISBURG, URTEIL VOM 22.08.2013 - 8 O 22/13

Allein aus der Rechten- und Pflichtenstellung des Verwalters einer WEG kann dieser das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse nicht herleiten. Daher wird durch ein vom Verwalter im eigenen Namen geführtes selbständiges Beweisverfahren, das mögliche Ansprüche der WEG gegenüber Dritten zum Gegenstand hat, die Verjährung dieser Ansprüche grundsätzlich nicht gehemmt.

ANTRAG EINER WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT AUF DURCHFÜHRUNG EINES SELBSTÄNDIGEN BEWEISVERFAHRENS VOR VERGEMEINSCHAFTUNG HEMMT DIE VERJÄHRUNG NICHT


BGH, URTEIL VOM 20.06.2013 - VII ZR 71/11

Stellt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zu einem Zeitpunkt, in welchem sie die Rechte zur Durchsetzung der Mängelansprüche noch nicht an sich gezogen, hemmt dieser Antrag nicht die Verjährung.

Ist der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens jedoch unter Nennung der Namen aller Eigentümer, vertreten durch den Verwalter, eingeleitet worden, kann eine Auslegung des Antrages ergeben, dass dieser nicht als Antrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern als Antrag der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu verstehen ist und die Verjährung hemmt.

NICHT AM SELBSTÄNDIGEN BEWEISVERFAHREN BETEILGTEN DRITTEN KANN NICHT AUFGEGEBEN WERDEN, EINE BAUTEILÖFFNUNG ZU DULDEN


BGH, BESCHLUSS VOM 16.05.2013 - VII ZB 61/12

Betreiben einzelne Wohnungseigentümer ein selbständiges Beweisverfahren wegen Mängeln der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz gegen den Bauträger und den Architekten, kann das Gericht dem am selbständigen Beweisverfahren nicht beteiligten Wohnungseigentümer und der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht aufgeben, eine Bauteilöffnung in seiner Wohnung zum Zwecke der Beweissicherung zu dulden.

Zur Wohnung in diesem Sinne gehören auch eine im Gemeinschaftseigentum stehende Außentreppe, ein Fahrradkeller und eine Tiefgarage.

EIN SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN HINDERT NICHT DIE ANWENDUNG DES NEUEN WEG-RECHTS IM NACHFOLGENDEM KLAGEVERFAHREN


LG DUISBURG, BESCHLUSS VOM 08.06.2010 - 7 S 10/10

Ein selbstständiges Beweisverfahren zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalter, das bereits vor Inkrafttreten der WEG-Reform anhängig war, hindert nicht die Anwendung des neuen WEG-Rechts auf ein nach Inkrafttreten der WEG-Reform eingeleitetes Klageverfahren, da es nicht Teil des "Verfahrens" im Sinne der Übergangsvorschrift des § 62 Abs. 1 WEG ist.

VOM VERWALTER BETRIEBENES SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN HEMMT VERJÄHRUNG, WENN VERWALTER ZUR BETREIBUNG ERMÄCHTIGT WAR


BGH, URTEIL VOM 24.07.2003 - VII ZR 360/02

Das in Prozeßstandschaft vom Verwalter gegen den Veräußerer einer Wohnungsanlage wegen Mängeln eingeleitete selbständige Beweisverfahren unterbricht die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Erwerber, wenn diese den Verwalter dazu ermächtigt haben.

Ein Beschluß der Wohnungseigentümer, wonach der Verwalter ermächtigt wird, alle rechtlich notwendigen Schritte zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens in die Wege zu leiten, kann dahin ausgelegt werden, daß der Verwalter das Beweisverfahren in gewillkürter Prozeßstandschaft durchführen darf.

EIN SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN ENTSPRICHT ORDNUNGSGEMÄSSER VERWALTUNG, WENN DIE URSACHE VON MÄNGELN IM GEMEINSCHAFTSEIGENTUM LIEGEN KÖNNTE


BAYOBLG, BESCHLUSS VOM 31.01.2002 - 2Z BR 57/01

Wenn Schäden im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers auftreten, deren Ursache in Mängeln des Gemeinschaftseigentums liegen kann, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung i.S. von § 21 Abs. 4 WEG, die Ursachen umgehend durch Gutachten eines Sachverständigen feststellen zu lassen. Der Verwalter ist verpflichtet, das hierzu Erforderliche zu veranlassen, in der Regel einen Eigentümerbeschluss herbeizuführen. Jeder Wohnungseigentümer hat in einer solchen Lage Anspruch auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.

Die Kosten eines solchen Beweisverfahrens tragen selbst dann alle Wohnungseigentümern, wenn sich später herausstellt, dass die Schadensursache im Verhalten der betroffenen Wohnungseigentümer lag.

SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN IN WOHNUNGSEIGENTUMSSACHEN ZULÄSSIG


BAYOBLG, BESCHLUSS VOM 28.03.2001 - 2Z BR 18/01

In Wohnungseigentumssachen können selbständige Beweisverfahren durchgeführt werden.

DAS VON EINEM WOHNUNGSEIGENTÜMER BETRIEBENE SELBSTÄNDIGE BEWEISVERFAHREN UNTERBRICHT DIE VERJÄHRUNG AUCH DANN, WENN DIE MÄNGELRECHTE GEMEINSCHAFTLICH ZU VERFOLGEN SIND


BGH, URTEIL VOM 06.06.1991 - VII ZR 372/89

Das von einem Wohnungseigentümer selbständig durchgeführte Beweissicherungsverfahren unterbricht die Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche ohne Rücksicht darauf, ob sie gemeinschaftlich verfolgt werden müssen.
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