UB Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Sondereigentuemer

ABNAHME DES GEMEINSCHAFTSEIGENTUMS DURCH EINEN SONDEREIGENTÜMER


Der nachfolgende Fall ist dem Urteil des OLG Stuttgart vom 10.05.2015, AZ: 10 U 114/14 nachgebildet. Bitte beachten Sie meine Hinweise zum Haftungsausschluß.  >>>

DER FALL: E erwirbt von einem Bauträger Wohnungseigentum in einer neu errichteten Reihenhauswohnanlage. In dem Erwerbervertrag ist geregelt, dass bezüglich des Teiles des Gemeinschaftseigentums, welches einem Sondereigentümer zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen wird, nur dieser Sondereigentümer zur Erklärung der Abnahme berechtigt ist. Darüber hinaus sieht die Teilungserklärung vor, dass E diesen Teil des Gemeinschaftseigentums instand zu halten und instand zu setzen hat. Die im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachfenster des von E bewohnten Reihenhauses weisen Mängel auf. E erhebt Klage auf Mangelbeseitigung und macht geltend, dass die von ihm vor sechs Jahren erklärte Abnahme unwirksam ist und die Gewährleistungszeit somit noch nicht begonnen habe. Der Bauträger erhebt die Einrede der Verjährung.

DIE ENTSCHEIDUNG: Das LG Heilbronn hat dem Bauträger Recht gegeben. Das OLG Stuttgart hat die von E eingelegte Berufung zurückgewiesen. Das OLG Stuttgart begründet seine Entscheidung damit, dass die Abnahmeklausel im Bauträgervertrag wirksam ist und dahingehend auszulegen sei, dass dem jeweiligen Sondereigentümer eines Reihenhauses eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wurde, die Abnahme des in seinem ausschließlichen Sondernutzungsrecht befindlichen Gemeinschaftseigentums für alle Erwerber zu erklären.

Die Erklärung der Abnahme durch E sei somit wirksam und habe die fünf jährige Gewährleistungszeit in Gang gesetzt, welche zum Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen war.

STELLUNGNAHME: Grundsätzlich hat jeder Erwerber das Recht (und wenn keine wesentlichen Mängel bestehen auch die Pflicht), sowohl bezüglich seines Sondereigentums, als auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums die Abnahme der Leistung des Bauträgers zu erklären. Dieses originäre Recht eines jeden Erwerbers wird eingeschränkt, wenn wie hier für einzelne Teile des Gemeinschaftseigentums ausschließlich einzelne Sondereigentümer die Abnahme erklären dürfen.

In der Verpflichtung jedes Sondereigentümers, das seiner Sondernutzung zugewiesene Gemeinschaftseigentum instand zu setzen und instand zu halten, sieht das OLG Stuttgart jedoch eine Besonderheit, welche eine Übertragung des Rechtes zur Erklärung der Abnahme auf einen Erwerber zulässt. Die Übertragung der Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht habe nämlich zur Folge, dass die übrigen Sondereigentümer wirtschaftlich von eventuellen Mängeln des der Sondernutzung zugewiesenen Gemeinschaftseigentums bei Abnahme nicht betroffen sind und die Übertragung des Rechtes zur Abnahme die übrigen Eigentümer somit auch nicht beeinträchtigt.

Das OLG Stuttgart verkennt jedoch, dass es hier nicht um die Instandsetzung eines Teiles des Gemeinschaftseigentums, sondern um die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums geht, welche von der Übertragungsklausel nicht umfasst wird. Die Abnahme durch E ist deshalb unwirksam und Verjährung noch nicht eingetreten.



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